dhammapada reflections (transl) - deutsch


Die in diesen monatlichen Reflexionen im Englischen verwendeten Verse sind ‘A Dhammapada for Contemplation‘ (5th edition), Aruna Publications (2017) entnommen. Hierauf bezieht sich auch die deutsche Übersetzung. Für weitere Interpretationen schau bitte in anderen Übersetzungen nach.


VOLLMOND – Eine klarere Sicht – Vollmond, 19. Dezember 2021

Wie eine schöne Blume ohne Duft nicht unseren Erwartungen entspricht,
so ist es auch mit weisen Worten, auf die kein rechtes Handeln folgt.

Dhammapada, Vers 51

Es ist leicht, weise Worte in den Mund zu nehmen, doch es ist nicht immer leicht, weise zu handeln. Bevor wir weise handeln können, muss unser Herz und unser Geist auf das ausgerichtet sein, was wahr und wirklich ist. Wenn wir ehrlich sind, werden wir wahrscheinlich zugeben, dass das innere Geschwätz, das sich in unseren Köpfen abspielt, häufig aus Geschichten besteht, die wir uns selbst erzählen: Ich bin diese Art von Mensch, ich bin jene Art von Mensch. Um wirklich weise und effektiv handeln zu können, muss dieses zwanghafte Geschichtenerzählen unterminiert werden. Nicht unbedingt unterbunden, da diese Art von mentalen Phänomenen eine Dynamik haben kann, die nicht sofort aufhört. In der Zwischenzeit können wir uns bewusst in innerem Zuhören üben. Unsere Aufmerksamkeit können wir so schärfen, dass wir, statt irgendwie zuzuhören, uns bemühen, wirklich zuzuhören. Probiere nicht, auf einem Stuhl sitzend, formell zu meditieren, sondern höre einfach zu; beziehe keine Position für oder gegen das, was auftaucht. Wenn wir uns für eine Seite entscheiden, dann kann das diejenige, gegen die wir sind, verstärken. Weder Partei für noch gegen etwas zu ergreifen, bedeutet jedoch nicht, sich der Verantwortung zu entziehen. Es ist eine Möglichkeit, unsere Aufmerksamkeit auszudehnen, so dass wir eine klarere Sicht auf Gewohnheiten des konditionierten Denkens und Fühlens bekommen.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Gewohnheiten des Anklammerns – Freitag, den 19. November 2021

Gewohnheiten wie das Verlangen und Anklammern
zu fördern,
ist wie Unkraut zu düngen.

Dhammapada, Vers 335

Wenn ein Kind zum ersten Mal zur Schule gebracht wird, ist es normalerweise aufgeregt, wenn seine Eltern wieder gehen. Es begreift nicht, dass Mama und Papa in ein paar Stunden zurück sein werden, um es abzuholen. Schließlich lernt das Kind, dass seine Eltern nicht für immer verschwunden sind und regt sich nicht mehr auf. Wenn wir dann erwachsen sind und uns dabei ertappen, dass wir eine Situation falsch verstehen und in der Anhaftung gefangen sind, ist es klug, genau wahrzunehmen, wie aus dieser Anhaftung Leiden entsteht. Auf einer bestimmten Ebene kann es angebracht erscheinen, sich an die Dinge zu klammern, die uns lieb und teuer sind. Es ist absolut normal, dass Eltern Fürsorge gegenüber ihren Kindern empfinden. Doch was geschieht, wenn Fürsorge und Anhaftung zusammenwirken? Das Kind wird überbehütet und hat Schwierigkeiten, im Leben zu bestehen. Und was passiert, wenn wir von einem Menschen, den wir respektieren, gelobt werden, und uns an die angenehme Gefühle, die dadurch entstehen, klammern? In jenem Moment mag sich das gut anfühlen, doch wir verstehen nicht, dass wir, wenn unhöflich mit uns gesprochen wird und unangenehme Gefühle entstehen, nicht anders können, als diesen anzuhaften. Beides gehört zusammen.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Kritisieren – Donnerstag, den 21. Oktober 2021

Die Verderbnis derer, die ständig bei anderen nach Fehlern suchen,
wird sich verstärken,
und sie sind weit weg von der Freiheit.

Dhammapada, Vers 253

Obwohl es uns zu dieser Zeit nicht bewusst ist, erzeugen wir Blockaden in unserem Bewusstseinsfeld, wenn wir unbedacht darauf beharren, bei anderen nach Fehlern zu suchen. Ein Teil von uns fühlt sich möglicherweise gut, wenn wir zwanghaft Kritik üben, doch wir übersehen dabei, dass wir uns auf diese Weise vom Dhamma entfernen. Natürlich ist aus Sorge geäußerte Kritik zum Wohle anderer bisweilen angebracht. Aber hier sprechen wir über Kritik mit Vorsatz. Wenn wir wirklich Klarheit und Verständnis entwickeln wollen, dann ist es erforderlich, dass wir über die Konsequenzen unserer Kritteleien nachdenken und den entsprechenden Impuls verhindern. Es kann verlockend sein, an einer juckenden Wunde zu kratzen, doch wir wissen, dass alles noch schlimmer wird, wenn wir diesem Impuls folgen.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Übertreiben - Dienstag, den 21. September 2021

Sieg führt zu Hass,
da die Besiegten leiden.
Die Friedfertigen hingegen leben glücklich
jenseits von Sieg und Niederlage.

Dhammapada, Vers 201

Wie können wir gewinnen wollen, ohne am Boden zerstört zu sein, wenn es uns nicht gelingt?  Können wir uns bemühen, unsere Ziele zu erreichen, ohne uns in diesem Bemühen zu verlieren? Wir glauben in der Regel, dass wir, um erfolgreich zu sein, jeden Gedanken an eine Niederlage verbannen und uns allein auf das Gewinnen konzentrieren müssten. Damit ignorieren wir die Kraft der Achtsamkeit und weiser Reflexion. Wenn wir unsere Fähigkeiten geschickt schulen, dann werden wir uns möglicherweise unseres Impulses, gewinnen zu wollen, sowie auch des Gewahrseins selbst gewahr. Es gibt nicht nur das Gewinnenwollen, es gibt auch das Wissen darum. Dieses bewusste Wissen zu kultivieren, ist ein Aspekt der Zufluchtnahme zum Buddha. Eine solche Perspektive hat die Kraft, uns davor zu schützen, uns in dem peinlichen Spiel der Übertreibung verlieren.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Empathie – Montag, den 23. August 2021

Empfindet man Empathie für andere,
dann sieht man, dass alle Wesen sich
vor Bestrafung oder Tod fürchten.
Mit diesem Wissen attackiert man andere nicht, noch veranlasst man sie dazu.

Dhammapada, Vers 129

Wenn wir unglücklicherweise der Feindseligkeit eines anderen ausgesetzt sind, wissen wir, wie schmerzhaft das sein kann. Und vielleicht fragen wir uns dann unwillkürlich: „Warum sollte jemand so gemein sein?“ In diesem Vers aus dem Dhammapada sagt der Buddha, dass es nicht zu Angriffen auf andere kommen wird, wenn Empathie da ist. Anders gesagt, wenn sich Menschen in ihrer Ichbezogenheit verloren haben, projizieren sie ihren Schmerz nach außen. Die buddhistische Lehre ermutigt uns, Empathie auf zwei verschiedene Weisen zu kultivieren: Karuna bedeutet, sich in das Leiden eines anderen einzufühlen; Mudita steht für Empathie auf der Grundlage von Freude. Karuna oder Mitgefühl bedeutet, lebendig und gewahr genug zu sein, damit wir denjenigen, bei denen wir miterleben, wie sie leiden, ohne Verurteilung und ohne unser Herz zu verschließen, begegnen können. Mudita oder Mitfreude bedeutet, achtsam und maßvoll genug zu sein, damit wir, wenn wir mit Menschen zusammen sind, denen es gut geht, an ihrer Freude teilhaben können.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Der Weg der Weisheit – Donnerstag, den 24. Juni 2021

Das Leben zu kontemplieren führt zu Weisheit;
ohne Kontemplation nimmt Weisheit ab.
Erkenne, wie Weisheit kultiviert und zerstört wird,
und folge dem Weg, der sie vermehrt.

Dhammapada, Vers 282

Es ist nachvollziehbar, dass wir meinen, durch das Erreichen unserer Lebensziele zu mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit finden zu können. Und bis zu einem gewissen Grad würde der Buddha dem nicht widersprechen; es hängt jedoch davon ab, welche Ziele wir haben. Nach Leistungsfähigkeit und guter Gesundheit zu streben, ist ein geeignetes Ziel, es sei denn, wir würden die Unvermeidlichkeit des Älterwerdens deshalb als etwas Fehlerhaftes ansehen. Der Buddha wollte, dass wir erkennen, wie wichtig es ist, unseren Körper gesund zu erhalten. Zugleich wollte er, dass wir die Fähigkeit weiser Reflektion – oder Kontemplation – bis zu dem Punkt entwickeln, an dem wir erkennen, dass der Körper nicht das ist, was wir wirklich sind. Natürlich ist der Körper Teil unserer Identität und wir sind dafür verantwortlich, uns um ihn zu kümmern. Allerdings sind wir auch für das Bewusstsein verantwortlich, aus dem wir leben. Das klügste Lebensziel ist, jene Art von Weisheit zu erkennen, die darüber hinausgeht, wie die Dinge zu sein scheinen, hin zu dem, was sie eigentlich sind.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Ein großes Wesen - 26. Mai 2021 – Vesak

Ich sage, dasjenige Wesen ist groß,
das weder an diesem Ufer steht
noch an dem anderen,
noch an irgendeinem Ufer.
Ein solches Wesen ist frei von jeglicher Bindung.

Dhammapada, Vers 385

Jeder von uns möchte sich sicher und geborgen fühlen. Der zukünftige Buddha suchte vor seinem Erwachen Sicherheit, indem er in der äußeren Welt Bedingungen schuf, die ihm behagten. Im Alter von 29 Jahren wurde ihm dann bewusst, dass nichts ihn vor den Unannehmlichkeiten von Alter, Krankheit und Tod bewahren konnte, egal wie komfortabel oder günstig seine äußeren Umstände waren. Künftig beschrieb er diese drei „Symbole“ als himmlische Boten, die sein Interesse weckten, Sicherheit in der Kultivierung von Bewusstsein zu suchen, statt in der Manipulation äußerer Bedingungen und Umstände. Er fand heraus, dass wir unweigerlich enttäuscht sein werden, wenn wir versuchen, ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit dadurch zu bekommen, dass wir an starren Positionen und Besitztümern festhalten. Die Enttäuschung wird enden, wenn wir aufhören, Sicherheit in dem zu suchen, was sich stetig wandelt und daher von Natur aus unsicher ist.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Aufrichtigkeit - Sonntag, den 26.April

Wer eine alte, unachtsame Lebensweise
in neue und gesunde Handlungen umwandelt,
bringt Licht in die Welt,
wie der von Wolken befreite Mond.

Dhammapada, Vers 173

Manchmal richten wir unseren Fokus nach innen und schenken den tieferen Ursachen unseres Verdrusses Beachtung. Dann wiederum richten wir unsere Aufmerksamkeit nach außen auf das Leid der Welt, in der wir leben. Sich im Innern oder im Außen zu verlieren, schafft ein erhebliches Ungleichgewicht. Unser Ziel ist es, zu lernen, die volle Verantwortung für unsere schlechten Angewohnheiten zu übernehmen. Die innere und die äußere Arbeit können gleichermaßen schwierig sein. Aufrichtig zu sein und sich einzugestehen, dass der Grund dafür ist, dass unser Herz verschlossen und unsere Fähigkeit der Fürsorge und Einsicht beeinträchtigt ist, ist nicht leicht. Mit offenem Herzen zu leben, heißt nicht, schwach und weich zu sein. Es bedeutet einfach, unsere angeborene Sensibilität durchscheinen zu lassen. Natürlich müssen wir das Risiko eingehen, dass unsere Gefühle verletzt werden. Doch wir haben überhaupt erst gelernt, unser Herz zu verschließen, weil wir nicht wussten, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen können. Hoffentlich haben wir in dieser Phase unseres Lebens genügend Achtsamkeit, Zurückhaltung und weises Abwägen entwickelt, um Schmerz und Enttäuschung, ebenso wie Hoffnung und Freude, erlauben zu können, ohne unser Gleichgewicht allzu lange zu verlieren. Unser Beitrag zu der Welt, in der Traurigkeit und Sorge vorherrschen, kann unsere Aufrichtigkeit sein.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Einladung – Sonntag, den 28. März 2021

Die Vollkommenheit des Buddha ist vollendet,
nichts weiter muss getan werden.
Kein Maß gibt es für seine Weisheit,
es finden sich keine Grenzen.
Wie könnte er sich von der Wahrheit abbringen lassen?

Dhammapada, Vers 179

Welch großes Glück, Zugang zu den Belehrungen des Buddha und seiner erwachten Schüler zu haben! Welch großer Segen, festzustellen, dass wir Vertrauen in diese Belehrungen haben – ein Vertrauen, das uns ermutigt, Fragen zu stellen, zu erforschen und nicht nur zu glauben. Wenn wir ausschließlich glauben, entziehen wir uns der Verantwortung für die Folgen unserer Unachtsamkeit. Und sicher ist mangelnde Gegenwärtigkeit der eigentliche Grund für alles Leiden – unser eigenes und das der Welt. Lasst uns daher wachsam sein, damit wir uns nicht in dem guten Gefühl des Glaubens an den Buddha verlieren. Anstatt zu fragen: „Bin ich ein guter Buddhist?“ sollten wir uns vielleicht fragen, „hilft mir meine buddhistische Praxis, die tiefsten Zweifel, Sorgen und Anliegen meines Herzens zu hören?“ Und „lerne ich bei der Beschäftigung mit diesen wahren Fragen, mir selbst wirklich zu vertrauen?“

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Reinigung – Freitag, den 26. Februar 2021 – Magha Puja

Unterlasse Fehlverhalten,
kultiviere das Gute,
reinige dein Herz.
Das ist der Weg der Erwachten.

Dhammapada, Vers 183

Wenn wir Fehlverhalten unterlassen, entwickeln wir eine Form der Stärke, die mit Selbstachtung einhergeht. Ohne die Fähigkeit, das zu unterbinden, was nicht förderlich ist, sind alle spirituellen Bücher, die wir lesen, alle Reden, die wir hören, und sogar die Stunden, die wir in Meditation verbringen, nur von geringem Nutzen. Es ist so, als würde man gesunde Bio-Lebensmittel in einer schmutzigen Küche zubereiten. Wenn wir uns jedoch in weiser Zurückhaltung üben, dann werden die Bemühungen, die wir unternehmen, gefördert. Wenn das wenig Förderliche dann gezügelt und die Tugend kultiviert ist, sind wir bereit, das Bewusstsein von der problematischen Gewohnheit, die richtig gegen falsch, Gut gegen Böse und Ich gegen andere stellt, zu reinigen. Das Bewusstsein der Erwachten ist frei von jeder zwanghaften Gewohnheit, Partei ergreifen zu müssen, und ist daher frei von jeglichem Leiden.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Weise leben – 28. Januar 2021

Sich dem Dhamma hinzugeben,
führt zu Gelassenheit.
Die Weisen erfreuen sich unablässig an der Wahrheit,
die von dem Erwachten gelehrt wurde.

Dhammapada, Vers 79

Wir sind uns alle zumindest theoretisch bewusst, dass Selbstbezogenheit ein Zustand ist, den es zu vermeiden gilt. Haben wir uns aber je gefragt, wie gefährlich er ist und warum er so gefährlich ist? Mit dem, was wir „Selbst“ nennen, sind wir nicht geboren worden. Tatsächlich dauert es ungefähr sieben Jahre, bis der Mensch ein stabiles Gefühl von Individualität entwickelt hat. Und dieses Selbstgefühl ist keineswegs sicher. Vielleicht könnte es als ein dynamischer Prozess von Mustern mentaler und emotionaler Aktivität beschrieben werden. Zu versuchen, Sicherheit in etwas zu finden, das von Natur aus unsicher ist, ist alles andere als vernünftig. Menschen, die Meditation praktizieren, kennen die Erfahrung von Ruhe und Gelassenheit, die auch dann fortbesteht, wenn sich viele der Aktivitäten, die wir als „Selbst“ bezeichnen, beruhigt haben. Die Praktizierenden erkennen, dass sie nicht verschwinden, selbst wenn die gewöhnliche Ebene des Denkens und Fühlens nicht mehr existiert. Es ist immer noch die Erfahrung da, dass man „weiß“. Es wäre gewiss weiser, sich an diesem „Wissen“ zu orientieren.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Gewaltlosigkeit - 29. Dezember 2020

Wer anderen Lebewesen Leid zufügt,
kann keinen wahrhaft edlen Zustand verwirklicht haben.
Ein Verwirklichter verhält sich so, dass er keinem Lebewesen schadet.

Dhammapada, Vers 270

Sobald wir der Möglichkeit des Erwachens vertrauen und sie in unserem Herzen verankert haben, sind wir bereit, unsere Fixierung auf das Ziel zu lösen und der Realität des Prozesses mehr Beachtung zu schenken. Es ist an der Zeit, den Boden unter unseren Füßen zu spüren und Vorstellungen loslassen, wie das Leben sein könnte, wenn wir erst einmal Freiheit erlangt haben. Halten wir zu stark an Ideen von der Zukunft fest, dann schränken wir unsere Sensibilität gegenüber dem Hier und Jetzt ein. Trotz unserer heilsamen Bestrebungen, von allem befreit zu werden, was leidvoll und selbstsüchtig ist, kann es sein, dass wir anderen Lebewesen Leid zufügen. Die Vorstellung, Gewaltlosigkeit zu kultivieren, mag nicht so beflügelnd erscheinen wie das Streben nach Befreiung, aber es kann die Praxis sein, die uns der Wahrheit näher bringt.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Versiert im Dhamma – 30. November 2020

Auch wenn das eigene Wissen begrenzt sein mag,
ist derjenige, dessen Verständnis und Verhalten 
im Einklang mit dem Weg stehen,
als geübt und kundig zu betrachten.

Dhammapada, Vers 259

Die Praxis des Dhamma ist keine rein geistige Übung; sie bezieht auch den Körper mit ein. Viel Wissen über den Dhamma angesammelt zu haben, bedeutet nicht unbedingt, dass man auch darin geübt ist. In Verbindung mit dieser Lehrrede des Buddha wurde die Geschichte eines vollständig erleuchteten Mönchs erzählt, der sich nur eine einzige Strophe eingeprägt hatte. Weil der Mönch jedoch diese wenigen Zeilen des Dhamma vollständig durchdrungen hatte, lobte ihn der Buddha und wies zugleich darauf hin, nur weil man viel zum Dhamma zu sagen habe, bedeute das nicht, dass man auch geübt und kundig darin sei.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Wertschätzung – 31st October 2020

Menschen, die töricht und verwirrt sind,
betrügen sich durch Achtlosigkeit.
Die Weisen hingegen schätzen das Gewahrsein,
das sie kultiviert haben,
als ihr wertvollstes Gut.

Dhammapada, Vers 26

Es ist leicht, die Klarheit, die unseren Alltag auszeichnet, als selbstverständlich anzusehen. Selbst wenn wir uns nicht regelmäßig Zeit nehmen, um mittels Meditation unsere Aufmerksamkeit zu üben, kann schon die Praxis der Beachtung von Verhaltensregeln allein eine Klarheit erzeugen, die viele Menschen nicht haben. Genauso, wie wir unsere Gesundheit als selbstverständlich ansehen, bis wir krank werden, können wir uns daran gewöhnen, mit einem gut entwickelten Grad an Achtsamkeit zu leben. Der Buddha rät uns, die Resultate unserer Bemühungen zu achten und diese sogar wertzuschätzen.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Nicht leicht - Freitag, den 2. Oktober 2020

Für diejenigen mit Schamgefühl
ist das Leben nicht leicht.
Genauso wenig wie für diejenigen, die bescheiden,
reinen Geistes, losgelöst, moralisch aufrichtig und reflektiert sind.

Dhammapada, Vers 245

Wenn wir beim Lesen dieses Verses des Buddha Erleichterung verspüren, könnte das daran liegen, dass wir uns vorübergehend von der Idee verabschiedet haben, wir sollten uns ständig entspannt und glücklich fühlen. Hinsichtlich des Dhamma wird dies nur dann der Fall sein, wenn wir unsere Arbeit beendet und uns von allen Gewohnheiten des Anhaftens befreit haben. Betrachten wir die Welt und sehen, wie Menschen sich bisweilen verhalten, dann haben wir allen Grund, uns traurig zu fühlen. Es ist verständlich, dass wir als von Natur aus sensible Wesen auf den offensichtlichen Mangel an Integrität, Bescheidenheit und Einsicht mit Enttäuschung reagieren: sicher könnten wir es besser machen. Sich traurig zu fühlen, ohne sich in der Traurigkeit zu verlieren ist, als würde man sich an einem Feuer wärmen, ohne sich an ihm zu verbrennen. Wir werden erst dann Mitgefühl empfinden können, wenn wir auch in der Lage sind, Traurigkeit zu fühlen.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Einssein des Herzens - 2. September 2020

So viele Leben bin ich vergebens gewandert
den Bauherrn suchend
der Leid verursacht.
Aber jetzt sehe ich dich und
du darfst nicht weiterbauen.
Die Sparren sind entfernt,
der Dachstuhl ist zerstört.
Jeglicher Drang hat aufgehört,
mein Herz ist eins mit dem Unbedingten.

Dhammapada, Vers 153-4

Wer ist der Bauherr, der dem Buddha zufolge verantwortlich für sein Leiden ist? Es ist Unwissenheit, die Quelle all unserer gewohnheitsmäßigen Ablenkungen – all die Geschichten, die wir uns wieder und wieder erzählen und all die irrigen Vorstellungen, die wir gelernt haben, nicht zu hinterfragen. Bemerkenswert ist, dass der Buddha nicht gesagt hat, derjenige, der sein Leiden verursachte, sei vernichtet worden. Er sagte lediglich: „Ich habe dich gesehen!“ Das Sehen war ausreichend, um die Ursachen des Leidens zu beseitigen. Wir wären weise, würden wir seinem Beispiel folgen und uns darin üben, einfach „zu sehen“. Damit meinte er, den Prozess des Anhaftens zu verstehen, der Leid verursacht. Wir sollten uns in Aufmerksamkeit üben und uns daran erinnern, dass alle Erfahrungen in einem selbstlosen Feld von Gewahrsein entstehen und vergehen. Dieses selbstlose, wissende Gewahrsein ist unsere Zuflucht in Buddha.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Konsequenzen - 4. August 2020

Sogar denjenigen, die Böses tun,
kann Gutes zuteilwerden,
solange ihre Handlungen
noch keine Früchte getragen haben.
Wenn hingegen die Folgen
ihrer Handlungen heranreifen,
sind die schmerzhaften Konsequenzen nicht mehr abzuwenden.

Dhammapada, Vers 119

Wir möchten gerne glauben, dass wir davonkommen, wenn wir etwas Unrechtes tun, solange niemand davon erfährt. – Obwohl wir genau wissen, dass es falsch war. Für den Rest unseres Lebens müssen wir Tag und Nacht mit uns selbst auskommen. Wir müssen bereit sein, uns an jede absichtlich vollzogene Handlung zu erinnern. Sobald wir dies erkennen, werden wir hoffentlich zu schätzen wissen, dass es ein Zeichen von Weisheit ist, ausschließlich Dinge zu tun, an die wir uns später gerne erinnern. Wenn wir bereits Erinnerungen angesammelt haben, die wir bereuen, dann sollten wir Reue und Bedauern als Teil des Heilungsprozesses ansehen. Diese Art von Leiden ist eine Botschaft, die uns einlädt, das Leiden zu betrachten und es anzunehmen. So kann es uns lehren in Zukunft achtsamer zu sein.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND – Schau dir diese Welt an – Sonntag, den 5. Juli 2020

Komm, schau dir diese Welt an.
Betrachte sie als prunkvollen und festlichen Wagen.
Sieh, wie sich Narren verzücken lassen von dem, was sie sehen,
doch für die Weisen gibt es keine Anhaftung.

Dhammapada, Vers 171

Der Buddha ermutigt uns, die Welt, in der wir leben, anzuschauen und uns nicht von ihr täuschen zu lassen; ja, über das hinauszusehen, wie die Welt zu sein scheint. Wenn wir die zahlreichen Herausforderungen berücksichtigen, denen wir uns stellen müssen, ist es weise, nicht nur auf die Oberfläche von Erscheinungen zu schauen, sondern auch auf die Art und Weise, wie wir Dinge betrachten. Sicherlich ist ein Foto, auf dem ein sonniger Strand mit weißem Sand und Palmen zu sehen ist, ansprechend, aber wir sollten Moskitos und Quallen nicht außer Acht lassen. Solange unsere Achtsamkeit nicht geübt ist, wird unsere Wahrnehmung voreingenommen sein. Dann neigen wir dazu, nur das zu sehen, was wir sehen wollen und nicht das, was eigentlich da ist. Und erinnern wir uns daran, dass es einen Unterschied zwischen achtsamem Halten und Anhaftung gibt. Die Weisen sehen die Schönheit der Welt sehr wohl, aber weil sie nicht mehr anhaften, ruinieren sie sie nicht.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND - Nicht nach draußen gehen - Freitag, 5. Juni 2020

Nicht die Herkunft eines Menschen oder seine äußeren Merkmale verdienen Achtung,
sondern das Maß,
in dem er Reinheit und Wahrheit verwirklicht. 
 

Dhammapada, Vers 393

Wir messen äußeren Erscheinungen gerne großen Wert bei. Da das subjektive Erleben unserer Existenz jedoch innerer Natur ist, leben wir nicht in der Außenwelt, sondern „innen“ – also sollte die Betonung auf dem Inneren liegen. Besonders in dieser Zeit der Einschränkungen merken wir, wie schwierig es sein kann, nicht nach draußen gehen zu dürfen. Wie wäre es, wenn wir unsere Frustration als Ausdruck dessen sähen, was der Buddha „zwanghafte Ausflüsse“ nannte? Solange unserem Herz die Vorzüge des Zuhausebleibens nicht bewusst sind, wird unsere Aufmerksamkeit hinausfließen, ohne dass wir es mitbekommen, und visuellen Eindrücken, Geräuschen, Gerüchen und Geschmäckern folgen. So folgen wir dem Staub der Welt: Wenn wir uns blind von Sinnesobjekten verleiten lassen, werden wir schließlich Staub in den Augen haben. Die Weisen haben gelernt, dass man, wenn man zu Hause bleibt und als Gewahrsein verweilt, die Welt mit klarem Verständnis, Sensibilität und Mitgefühl sieht.

Mit besten Wünschen,
Ajahn Munindo


VOLLMOND - Nach Zufriedenheit streben (Dienstag, den 6. Mai 2020) – Vesakha Puja

Wenn wir anderen Lebewesen schaden,
die wie wir nach Zufriedenheit streben,
schaden wir uns selbst.
 

Dhammapada v. 131


Was gelebte Gewaltlosigkeit bedeutet, ist recht offensichtlich, wenn es um unseren Umgang mit anderen Lebewesen geht. Aber was bedeutet sie, wenn wir unseren Blick nach innen richten? Was bedeutet gelebte Gewaltlosigkeit im Zusammenhang mit den ‚Lebewesen‘, die unsere inneren Welten bewohnen? Wie beziehen wir uns auf sie? Wenn wir uns durch eine gedrückte Stimmung blockiert oder vollkommen überwältigt von negativen Emotionen fühlen – was noch schmerzlicher ist - können wir dann diesen „Lebewesen“ begegnen? Können wir sie so annehmen, wie sie wirklich sind und sie dadurch befreien? Oder bewerten, verurteilen und bekämpfen wir sie und vergrößern dadurch das Leiden noch? Alle Lebewesen, auch die unattraktiven, nicht willkommenen, die wir so lange weggeschlossen hatten, sehnen sich nach Befreiung. 

Mit den besten Wünschen,
Ajahn Munindo

VOLLMOND - Verzerrte Sichtweisen - 7. April 2020


Verzerrte Sichtweisen,
bei denen das Richtige als falsch
und das Falsche als richtig angesehen wird,
bewirken, dass Lebewesen leiden.

Dhammapada v. 318


Unsere Art, die Dinge zu sehen, bestimmt unsere Beziehung zu ihnen. Wenn wir zum Beispiel gerne in der Sonne liegen, verbringen wir möglicherweise viele Stunden damit, ihre Wärme in uns aufzunehmen. Wenn wir dann aber erfahren, dass mit exzessivem Sonnenbaden und übermäßiger UV-Strahlung ein erhöhtes Risiko einhergeht, an Hautkrebs zu erkranken, halten wir uns wahrscheinlich eher zurück – auch wenn uns der Gedanke an ein Sonnenbad immer noch verlockend erscheint. Wenn wir Groll hegen und ihn sogar als förderlich empfinden, neigen wir auf einer subtileren Ebene dazu, ihm anzuhaften. Vertiefen wir uns jedoch weiter in Buddhas Lehre über den Pfad der Achtsamkeit und erkennen dadurch, wie unser Verstricktsein in Groll zu Verwirrung und Niedergeschlagenheit führen kann, sind wir eher geneigt, unsere Negativität loszulassen. Dann werden wir im Loslassen vielleicht ein neues Maß an Zufriedenheit finden.

Mit den besten Wünschen,
Ajahn Munindo